Die LINKE - Dr. Petra Sitte

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Die LINKE - Dr. Petra Sitte
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Petra Sitte (Die LINKE)
Mitglied des deutschen  Bundestages

1960                  in Dresden geboren
1979                  Abitur
1979-1987        Studium, Forschungsstudium und Assistenz an der

                           Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
1990-1991        Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Halle
1990-2005        Mitglied des Landtages Sachsen-Anhalt

2004-2014        Mitglied des Stadtrates Halle
seit 2005           Mitglied des deutschen Bundestages

Am 24.09.2017 tritt Frau Dr. Petra Sitte im Wahlkreis 72 (Halle und nördlicher Saalekreis) als Direktkandidatin zur Wahl des 19. Deutschen Bundestages für die Partei „Die LINKE“ an. „sportinhalle“ hatte die Möglichkeit mit Frau Sitte („Das Dr. lassen wir weg, wir sind doch hier nicht an der Universität“) zu einigen vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) definierten Schwerpunkten der Sportentwicklung in Deutschland zu sprechen. Dass sich bei diesem Thema ihre beiden „Leidenschaften Politik und Sport“ (O-Ton Sitte auf ihrer Homepage) trafen, machte mir die Aufgabe leichter als erwartet. Zu jedem Schwerpunkt hatte Frau Sitte eine klare Position und unter „nachgehakt“ versuchen wir dem Menschen Sitte etwas näher zu kommen.

1. Spitzen- und Leistungssport optimal fördern
„Die LINKE unterstützt eine Förderung des Spitzen- und Leistungssports. Wir wollen aber, dass die Athletinnen und Athleten im Mittelpunkt stehen. Sie sind keine „Leistungsautomaten“. Insofern müssen beste Trainings- und Lebensbedingungen geschaffen werden. Dazu gehören verlässliche soziale sowie Bildungs- und Beschäftigungsperspektiven. Die Medaillenfixierung der Bundesregierung und intransparente Vergabeverfahren der Bundesregierung haben wir kritisiert. Athletinnen und Athleten aus dem Bereich paralympischer Sportarten müssen gleichgestellt werden. Die hohe Verantwortung der Trainerinnen und Trainer muss sich nicht nur in Wertschätzung, sondern auch in ihren Entgelten niederschlagen.“

Nachgehakt:
Sitte sieht die Athleten immer im Mittelpunkt und ist von dem intakten und verlässlichen sozialen Umfeld als Voraussetzung für sportliche Höchstleistung überzeugt. Unabhängig von den Ergebnissen von Evaluierungskommissionen kann man die Sportler deshalb auch nicht wie Schachfiguren nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten rochieren lassen.

2. Bekämpfung von Doping, Manipulation und Korruption im Sport
„Die LINKE will Bedingungen schaffen, die Doping und Manipulation im Sport den Boden entziehen. Insbesondere durch Doping werden Leistungssteigerungen auf Kosten der Gesundheit erzielt. Maßnahmen, die Sportlerinnen und Sportler schützen (wie Anti-Doping-Pässe), halten wir für sinnvoll, müssen sich aber auf alle Spitzensportlerinnen und -sportler überall beziehen. Sportwissenschaft und Sportmedizin sollen gefördert werden, weil sie bspw. Wissen zu Trainingslehre über alle Disziplinen angefangen bei Breiten-, Freizeit- über Reha- bis zum Spitzensport bieten können. Die wichtigste Anti-Doping-Maßnahme dürfte sein, der Kommerzialisierung im Sport, insbesondere im Spitzensport zu begegnen.“

Nachgehakt:
Sie hält es für gut möglich Deutsche Sportlerinnen und Sportler demonstrativ bei Wettkämpfen in Staaten, die die Menschenrechte verletzten, nicht starten zu lassen. Auf Katar angesprochen schien der Blutdruck zu steigen.

2. Gemeinnützigkeit, Ehrenamt und freiwilliges Engagement stärken
„Menschen im Ehrenamt engagieren sich uneigennützig, freiwillig und oftmals mit viel Freude an der sportlichen Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und Älteren. Sie leisten damit wichtige gesellschaftliche Arbeit in einem Bereich, aus dem sich die öffentliche Förderung vielfach zurückgezogen hat oder nur noch am unteren Limit unterstützt wird. Daher sollte die Wertschätzung nicht nur verbal erfolgen. Die Wandlung der Anerkennungskultur muss konkret erfolgen. So sollten Ehrenamtler von den anwachsenden rechtlichen, bürokratischen und finanziellen Hürden befreit werden. Sie sollten mindestens die unmittelbaren Aufwendungen erstattet und verlässlichen versicherungstechnischen Schutz bekommen. Nationalen Begünstigungen für Sportvereine müssen gegen widersprechende EU-Normen wie die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie verteidigt werden.

Nachgehakt: 
Das oftmals im Ausland verlachte deutsche Vereinswesen hält sie für vorbildlich in Bezug auf den Breitensport und die postaktive Phase. Mit Blick auf den Leistungssport erscheint ihr die amerikanische Variante der Förderung über Universitäten und Schulen ehrlicher. Die Kreuzung aus beiden Systemen - Wenn das ginge!

3. Großsportveranstaltungen am Standort Deutschland fördern
„Spannende, faire Wettkämpfe sind immer noch Publikumsmagneten. Der zunehmende Sportkommerz hat zurecht bei vielen Interessierten den Zweifel an der Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen aufkommen lassen. Viele kritisieren den ausbleibenden Bewusstseinswandel in Sportorganisationen. Identitätsstiftung und Integrität von Sportveranstaltungen beginnt mit klaren Vergaberegeln und transparenten Vergabeentscheidungen. So sollten Bürgerinnen und Bürger mitreden können. Die Bewerbung um Olympische Spiele sollte ohne Bürgerentscheide überhaupt nicht mehr erfolgen. Zu Vergabekriterien gehören: soziale Standards, Barrierefreiheit, gute Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzvorschriften an Austragungsorten, die Einhaltung von Menschenrechten, ökologische Folgen bspw. von infrastrukturellen Maßnahmen, Nachnutzungskonzepte und spätere Bewirtschaftungskosten, Transparenz der real entstehenden Kosten.“

Nachgehakt: 
Ausdrücklich verweist Sitte auf die Notwendigkeit plebiszitärer Elemente bei der Vorbereitung von Sportgroßveranstaltungen. Nur so kann eine breite Akzeptanz erreicht werden.

4. Infrastruktur von Sportdeutschland modernisieren
„Wie in vielen anderen Infrastrukturen des Landes gibt es auch im Sportbereich einen Investitionsstau und zwar in Ost und West. Es bedarf eines Goldenen Planes 3.0. Zur Neuerrichtung gehört gleichermaßen die ökologische Sanierung und barrierefreier Zugang. Die Kinderlärmprivilegierung im Interesse des Sports im Bundesimmissionsschutzgesetz halten wir für vollkommen richtig. Besonders wichtig sind Erhalt und Sanierung von Schwimmbädern, sonst sinkt die Zahl schwimmfähiger Kinder unter die aktuellen 50 Prozent. Sporteinrichtungen sollten entgeltfrei für Kitas, Schulen und Sportvereine genutzt werden können. Menschen aus sozial benachteiligten Familien sollten (evtl. auch über Sozialtickets) ebenfalls freien Eintritt erhalten.“

Nachgehakt:
Aus eigenem Erleben konstatiert Sitte auch in den alten Bundesländern teilweise katastrophale Zustände in Sportanlagen. Förderung muss nach Bedürftigkeit und nicht nach Himmelsrichtungen erfolgen.

5. Gesundheitsfördernde Potenziale des Sports besser nutzen
„Sport entscheidet maßgeblich darüber, ob wir uns wohl fühlen und ob wir mit weniger gesundheitlichen Einschränkungen älter werden. Dafür Voraussetzungen zu schaffen, sollte so früh wie möglich beginnen und bis ins hohe Alter reichen. Alle Menschen sollten daran teilhaben können. In Halle ist der Altersdurchschnitt besonders hoch. Daher sollte Präventions- und Reha-Sport besonders unterstützt werden. Im 2015 im Bundestag verabschiedeten Präventionsgesetz ist der Sport mit 1,2 Mio. Euro Förderung bundesweit vollkommen vernachlässigt. Das muss dringend geändert werden.“

Nachgehakt:
Während dieser Passage des Interviews fiel mehrfach das Wort B E W E G U N G. Ohne Sportanlagen und ohne großen Aufwand kann mit Bewegung jeder Prävention betreiben. Einfach mal den Aufzug fahren lassen und die Treppe nehmen. Demonstrativ zu diesem Thema liegen vor ihr auf dem Tisch das Wahlprogramm der LINKEN, das Sportprogramm der Stadt Halle und ihr Fahrradhelm. So wie sie wohl jeder Hallenser kennt, zum nächsten Termin wird Sitte radeln.

6. Bildung im Sport anerkennen und nutzen
„Bildungsangebote im Sport betten sich in lebenslanges Lernen ein. Diese Potenziale müssen im Nationalen Bildungsbericht untersucht und bewertet werden. Kompetenzen der Trainerinnen und Trainer, so die non-formale DOSB-Lizenzausbildung, muss in den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) aufgenommen werden. Mit fortschreitendem Ausbau von Ganztagsschulen sollte Sport durch Partnerschaften zwischen Schulen und Vereinen angeboten werden. Sport sollte endlich als gleichberechtigtes Unterrichtsfach über den gesamten Bildungsweg profiliert werden – die dritte Sportstunde bleibt Ziel. An Sportschulen muss den besonderen Erfordernissen des Trainings und von Wettkämpfen in der Unterrichtsgestaltung entsprochen werden. Der Nationale Bildungsbericht muss auch wieder im Sportausschuss des Bundestages beraten werden.“

Nachgehakt:
Wenn an Sportschulen des Landes auf Grund der Schulgesetzgebung nicht auf die besonderen Anforderungen im täglichen Leben junger Athletinnen und Athleten eingegangen werden kann, verdienen sie diesen Namen nicht.

7. Vielfalt im Sport ermöglichen und Zusammenhalt der Gesellschaft stärken
„In sportlichen Aktivitäten finden Menschen besonders schnell zueinander. Spaß und Fitness sind Effekte die integrativ wirken – gleich woher Menschen kommen, welchen sozialen Hintergrund sie haben, welchen Geschlechts sie sind und unabhängig davon, ob sie mit Handicaps leben. Die Mittel aus dem Programm „Integration durch Sport“ sollten verdoppelt und für fünf Jahre vergeben werden. Fanprojekte gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung sollten gestärkt werden.“

Nachgehakt:
Sportvereine haben eine ganz besondere soziale Funktion. Die steht oft nicht mal explizit in der Satzung - Sie haben sie einfach!

8. Querschnittsaufgabe und Staatsziel
„Sport muss in seiner spezifischen Ausgestaltung auch über alle Politikbereiche hinweg beachtet werden. Insofern steht Politik in der Pflicht, Maßnahmen zur Konditionierung der Potenziale konkret zu untersetzen. Die Debatte, ob Sport in das Grundgesetz als Staatsziel aufgenommen werden soll, zeigt, dass viele Engagierte mit der Sportförderung insgesamt unzufrieden sind. Sie erhoffen sich daraus einen Schub. Sport sollte als gesamtgesellschaftliche und Gemeinschaftsaufgabe, insbesondere von Seiten des Bundes, deutlich über die Förderung von Spitzen- und Leistungssport hinaus, ausgestaltet werden. Auf der Ebene der Kommunen sollte Sport ebenso wie Kunst und Kultur als Pflichtaufgabe bestimmt werden.“

Nachgehakt:
Für Sitte ist Sport eigentlich schon Pflichtaufgabe. Dabei beruft sie sich verschmitzt lächelnd auf antike Kulturdefinitionen, die Sport immer als untrennbaren Teil der Kultur verstehen. Wie kann man das nur den Haushältern näherbringen?

- Günter Hebner, 05.07.2017

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