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Halle verliert ein Stück Sportgeschichte

05.12.2013 14:55
Günter Hebner
Volkssportler Gerhard Haberland verstorben
Zugegeben häufen sich die Momente mit zunehmenden Alter in denen man die Zeitung beim Morgenkaffee wieder zuschlagen möchte, nur um der Anzeige mit schwarzen Rand irgendwie zu entgehen. Diesmal nun also Gerhard Haberland, der sich mit 92 von dieser Welt verabschiedet hat. Lange Jahre war er in Halle der „ Mr. Sportabzeichen“ und ich hatte mehrfach das Glück von seinen Lebenserfahrungen zu profitieren. Steffen Forker, viele Jahre Präsident und Geschäftsführer des Stadtsportbundes Halle, erinnert sich: „1991 war ich Geschäftsführer beim USV Halle. Eine verrückte Zeit. Vieles ging drunter und drüber und alles musste neu geordnet werden. Da stand plötzlich ein älterer Herr in der Tür und wollte unnachgiebig wissen, wo man das Deutsche Sportabzeichen ablegen kann. Mein Gott, dachte ich, hat der keine anderen Probleme.“ Der (damals schon) ältere Herr war Gerhard Haberland, Jahrgang 1921, und nach vielen Jahren am Ziel seiner Wünsche. Das Sportabzeichen war für ihn immer von Bedeutung. Als Jugendlicher träumte er davon und konnte es dann 1939 18-jährig erstmals versuchen. Die Enttäuschung war groß, denn er schaffte es nicht. Mit besserer Vorbereitung, geschenkt bekommt man das Abzeichen bis heute nicht, war er dann 1940 endlich erfolgreich. Dabei sollte es für lange Jahre bleiben, denn ab 1941 durfte er, zwangsweise in „Feldgrau“ in Europa unterwegs, wieder nur noch vom Abzeichen träumen. Obwohl Haberland sein ganzes Leben dem Sport treu blieb, während der DDR-Zeit war er aktiver Fußballer bei Motor Halle Süd und er wanderte, lief , schwamm und fuhr viel Fahrrad, konnte er dem damaligen Sportabzeichen nichts abgewinnen und er hat es in diesen Jahren nicht einmal abgelegt. 1987 wurden die Grenzen durchlässiger und Gerhard Haberland war auf der ersten „Rentner“-Reise im Westen. Da packte ihn die alte Idee wieder und deshalb stand er 1991 auch in Forkers Büro. Der kann ihm noch nicht helfen, noch stimmen die Strukturen nicht. Erst 1992 wird Gerhard Haberland erstmalig den nun gesamtdeutschen Fitnessorden erwerben. Ab jetzt wiederholt er das, bis auf einen krankheitsbedingten Ausfall, jährlich bis 2008. Der damals älteste Teilnehmer schaffte es zum Sportabzeichentag kurz vor seinem 87. Geburtstag zum siebzehnten mal. Auch 2009 lässt er nicht locker und hat bereits 4 der 5 Disziplinen auf der Habenseite. Den Sprint (500m mit dem Rad) fehlte noch. Wir verabreden mehre Termine, die er krank nicht wahrnehmen konnte und zugegeben, auch ich hatte mehrfach „wichtigeres“ vor. Wir kamen nicht zusammen, was Haberland nichts ausmachte. „Das nächste Jahr kommt doch “, so seine Worte am Telefon im Winter 2008. Es kam auch, aber Gerhard Haberland musste wohl passen. Er meldete sich nie wieder und bis zu diesem Blick in die Zeitung verlor ich ihn aus den Augen. So beschleicht mich jetzt das Gefühl, dass Dinge getan werden müssen, wenn sie getan werden müssen. Selten gibt es dazu eine zweite Chance. Danke Gerhard für deinen letzten Ratschlag.