Interview mit Stephan Rewohl

Kurzfassung: 

von Julia Köhler

Absatz: 
Titel: 
"Karate ist mein Leben"
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Er ist Vize-Weltmeister im Wado-Kai-Karate, mehrfacher Europameister, Trainer in der Budo Akademie Halle e.V. und in Landsberg. Stephan Rewohl blickt mit seinen 30 Jahren auf eine beeindruckende Karriere zurück – und die ist noch lange nicht beendet. Was den gebürtigen Hallenser an der Karate-Kunst fasziniert, was er sich für die Zukunft wünscht und warum er zum „Sportler des Jahres 2017“ gewählt werden sollte, erfahren Sie im folgenden Interview.

Herr Rewohl, in Japan gilt der Leitsatz: „Oberstes Ziel in der Kunst des Karate ist weder Sieg noch Niederlage, sondern es liegt in der Vervollkommnung des Charakters des Übenden.“ Würden Sie diese Philosophie unterschreiben?

Stephan Rewohl: Karate ist für mich nicht nur ein Sport, es ist eine Lebenseinstellung. Wenn man wirklich verstanden hat, worum es bei Karate geht, dann lernt man, an seine Grenzen zu gehen, und dann kommt auch der Erfolg. Zielstrebigkeit und Respekt den Mitmenschen gegenüber sind zum Beispiel Dinge, die man lernt; sie formen den Charakter. Das sind Dinge, die für das gesamte Leben wichtig sind, nicht nur für den Sport. Bei einer Meisterschaft zählt der Erfolg schon, natürlich will ich gewinnen. Aber es ist auch okay, wenn der Wettkampf mit einer Niederlage endet, auch daran kann man wachsen.

Wenn Sie geschlagen auf der Matte liegen, denken Sie aber sicher anders, oder?

Da geht mir natürlich erst mal nichts durch den Kopf, dann ist alles dunkel. Irgendwann steht man wieder auf und betrachtet das Ganze noch mal von außen. Manchmal schauen wir uns die Wettkampf-Aufnahmen an und analysieren, was gut und was schlecht gelaufen ist. Und dann geht’s weiter. Ich denke nicht lange über eine Niederlage nach, ich sehe sie eher als eine Momentaufnahme des Tages.

Bei der Europameisterschaft im November hat einer Ihrer Gegner mit unfairen Mitteln gekämpft. Konnten Sie das auch so schnell abhaken?

Ich trainiere Karate seit über 24 Jahren, natürlich habe ich so etwas schon öfter erlebt, aber zum Glück ist das nicht die Regel. Man lernt, mit solchen Situationen umzugehen. Die europäischen Titelkämpfe in Paris waren trotzdem mein Highlight im Jahr 2017.  Zwar habe ich den Kampf verloren, den Titel verloren und „nur“ zweimal Silber gewonnen, aber trotz allem war es eine gute Zeit und ein sehr schöner Moment, ausgezeichnet zu werden.

Durch Ihre Teilnahme an zahlreichen internationalen Meisterschaften sind Sie ja schon viel herumgekommen. Welcher Ort ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Tokio! Bei der WM 2005 in Japan habe ich als 18-Jähriger eine Bronzemedaille für unser Team geholt, das war ein unglaublich großartiger Moment. Tokio an sich ist auch ein Erlebnis. Man spürt irgendwie das „Historische“ des Sports - Karate hat seine Wurzeln ja in Japan.

Sie sind Ihrer Heimatstadt aber treu geblieben. Sie trainieren in Halle sowie in Landsberg und unterrichten den Nachwuchs in der Kunst des Karate. Was hält Sie hier?

Ich bin hier verwurzelt, bin hier groß geworden. Ich fühle eine Verantwortung, das was ich lernen durfte, an andere weiterzugeben. Mein Vater war einer meiner größten Förderer. Er hat sehr viel Zeit und Geld investiert, um mich auf ein gewisses Level zu bringen, also dorthin, wo ich hinwollte. Außerdem verdanke ich meinen ehemaligen Coaches Dr. Peter Emmermacher und Antonio Leuci sehr viel. Bis heute unterstützen sie mich und geben mir wertvolle Ratschläge für meinen Trainerjob.

Mir liegt es sehr am Herzen, dass der Verein weiterhin so erfolgreich ist. Die Trainingsmöglichkeiten sind hier sehr gut. Mit den Kindern zu arbeiten, macht großen Spaß, auch wenn es manchmal anstrengend ist. Es ist toll, wenn man dabei zusehen kann, wie sie sich sportlich entwickeln, erste Erfolge feiern.

Sie selbst haben ja bereits mit sechs Jahren angefangen, Karate zu trainieren. Hatten Sie nie einen anderen Berufswunsch?

Nicht wirklich. Karate ist etwas fürs Leben. Es ist faszinierend, weil es immer neue Sachen zu entdecken gibt. Mittlerweile sind es nur noch Nuancen, Feinheiten, aber was zu lernen gibt es immer, das erschöpft sich nie. Wenn ich gesund und fit bleibe, kann ich Karate vielleicht noch weitere 24 Jahre machen.

Blicken wir erst einmal auf das kommende Jahr. Welche Ziele haben Sie sich für 2018 gesetzt?

Als Sportler möchte ich Titel bei der Deutschen und Europäischen Meisterschaft holen und dafür hart trainieren, das steht außer Frage. Als Trainer wünsche ich mir, dass unser Team ähnlich erfolgreich wie 2017 ist, aber auf internationaler Ebene noch etwas erfolgreicher.

Können Sie bei diesen ehrgeizigen Vorhaben Weihnachten eigentlich genießen?

Ja, ich freue mich auf Weihnachten. Es ist schön, mal nicht auf sein Gewicht achten zu müssen; ich kann mal ein, zwei Tage essen, was ich will. Richtig frei habe ich nicht, es gibt immer Trainingseinheiten. Aber etwas mehr Zeit als sonst bleibt mir schon, um mit der Familie und Freunden zu feiern.

Und bestimmt schauen Sie mal in den Film „Karate Kid“ rein, oder?

Bestimmt. Aber nur in die alte Version!

Warum sollten Sie zum „Sportler des Jahres 2017“ gewählt werden?

Ich war Zweiter, ich war Dritter. Jetzt will ich Erster werden!

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