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First time in Europe - first time outside of America

Zusammenfassung: 

Wir trafen Janee Thompson, ehemaliger Point Guard der LIONS, zu einem Gespräch. Die Amerikanerin berichtet über die Anfänge ihrer Karriere, Erfahrungen in Halle und die deutsche Mentalität.

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Am 17.3. trafen wir Janee Thompson zum Gespräch. Sabine Pröschel vom Verein Halle International e.V. führte das Interview durch. Die englische Version erschien im American Sports Heft 2017.

Interview mit Janee Thompson

 

                Erzähl mir bitte etwas über Dich.

Mein Name ist Janee Thompson, gebürtig aus Chicago, Illinois. Ich bin 23 Jahre alt und spiele mein erstes Jahr professionell Basketball. Ich bin zum ersten Mal in Europa – das erste Mal außerhalb der USA.

                Bist Du in Chicago aufgewachsen und zur Schule gegangen?

Ja, bin ich. Nach meiner Schulzeit bekam ich ein Basketball-Stipendium für die University of Kentucky in Lexington, Kentucky. Dort habe ich vier Jahre Journalismus mit Rundfunk-Journalismus als Hauptfach studiert. Im Anschluss kam ich nach Halle.

                Wann hast Du mit Basketballspielen angefangen?

Ungefähr in der fünften Klasse, ich glaube ich war rund zehn Jahre alt. Mein älterer Bruder brachte mich zum Basketball. Bei ihm drehte sich alles um das orangene Leder und wie viele jüngere Geschwister wollte auch ich alles machen, was er macht.

                Spielt er auch professionell?

(lacht) Nein macht er nicht, was witzig ist. Er lebt das Profidasein indirekt durch mich und er ist sehr stolz darauf wie weit ich es gebracht habe.

                Hat er Dich schon in Halle besucht?

Nein, nein. Mein Vater hat mich am Anfang begleitet. Dazu hat mich meine Mutter besucht.

                Was hat Dich nach Halle gebracht? Hast Du Halle ausgesucht oder Halle Dich?

Ich denke es war ein wenig von beidem. Nachdem die Lions meinen Agenten kontaktierten hatte ich vor meiner Entscheidung die Chance mit Trainer René [Spandauw] zu sprechen. Es war ein sehr gutes Gespräch und ich mochte ihn sofort. Er erklärte mir, dass ich eine sehr gute Aufbauspielerin ersetzen soll und ich wirklich gut in das Team passen würde. Es war eine sehr gute Situation für meinen Start in die Profikarriere.

                Hattest Du die Chance deinen Abschluss zu machen bevor Du hierher bist?

Ja, ich habe mein Studium abgeschlossen. Ca. einen Monat danach bin ich mit unterschiedlichen Teams ins Gespräch gekommen. Nach meiner Unterhaltung mit René stand meine Entscheidung für Halle schnell fest.

                Was wusstest Du über Halle?

Oh, absolut nichts. (lacht) Ich wusste nicht einmal, wie man es richtig ausspricht. Ich hatte sogar ein bisschen Angst vor dieser unbekannten Situation.

                Glaubst Du, dass Dir das bei jeder anderen ersten Profistation so gegangen wäre?

Auf jeden Fall, außer man wäre schon einmal in einer ähnlichen Situation gewesen oder überhaupt einmal außerhalb des Landes. Ich glaube der Großteil meiner Angst kam von Gesprächen mit einigen meiner älteren Freunde die in Europa waren. Einige ihrer Erfahrungen waren negativ. daher hatte ich ein wenig Angst vor dem Unbekannten. Glücklicherweise durfte ich ganz andere Erfahrungen machen, worüber ich sehr froh bin.

                Kanntest Du eine Amerikanerin, die bereits für die Lions gespielt hat?

Ja, kannte ich wirklich. Ihr Name ist Chantal Presley. Sie spielte letztes Jahr hier, was der größte Zufall überhaupt war. Ihr hat es in Halle super gefallen, was mir bei meiner Entscheidung sehr geholfen hat. Sie war zwar nicht die ganze Saison da, aber genoss die Zeit hier. Jeder behandelte sie gut, das Management sei toll und sie mochte das Team. Dazu erzählte sie mir, dass die Stadt schön ist. Das war sehr hilfreich, auch wenn ich trotzdem noch ein wenig Angst vor diesem Abenteuer hatte.

                Verständlich. Hast Du Chantal persönlich getroffen oder hast Du mit ihr telefoniert? Wie hast Du sie                 kennengelernt?

Sie kommt aus Kentucky und wir haben in der Sommerpause zusammen trainiert.

                Also kennst Du sie persönlich?

Ja, ich kenne sie persönlich. (lacht)

                Die Welt ist klein.

Ja, die Welt ist sehr klein. (lacht) Mein Agent kannte sie auch, daher erzählte er mir, dass sie bei den Lions war. Das wusste ich vorher gar nicht. So habe ich eines Tages nach dem Training die Chance genutzt und mich mit ihr über Halle und die Lions unterhalten.

                Du hast gesagt, dass Du vor deiner Reise negative Geschichten über Reisen ins Ausland erzählt                                     bekommen hast. Nun hast Du selbst Erfahrungen gemacht, würdest Du andere Spieler ermutigen nach                       Deutschland beziehungsweise allgemein ins Ausland zu gehen?

Auf jeden Fall. Ich würde definitiv jemanden dazu ermutigen nach Halle zu kommen. Ich habe großartige Erfahrungen gemacht und hatte überhaupt keine Probleme. Klar gab es Auf und Abs in unserer Basketballsaison, aber abgesehen davon waren meine Erfahrungen total gegensätzlich von denen die mir erzählt wurden. Es war einfach großartig.

                Das ist schön zu hören!

(lacht) Ja, das ist es und mir ist wirklich eine Last von den Schultern gefallen. Das hat mir auch Selbstvertrauen für zukünftige Entscheidungen gegeben.

                Das gibt Deiner Familie bestimmt auch mehr Gelassenheit oder?

Definitiv. Ich glaube mein Vater hatte viele Sorgen, deswegen wollte er unbedingt anfangs mitkommen. Aber nachdem er ankam, alles gesehen hat und die Verantwortlichen kennenlernte, konnte er tief durchatmen und wusste, dass alles gut wird. Ich habe die Zeit hier wirklich geliebt. Die Stadt ist toll, mein Team ist großartig und es gibt nichts worüber ich mich beschweren müsste.

                Lass uns ein wenig über Basketball reden. Du hast gesagt, dass Dich Dein Bruder zum Basketball gebracht                 hat. Hattest Du abgesehen von ihm weitere Vorbilder?

Ich habe viele Leute bewundert. Nachdem ich durch meinen Bruder zum Basketball gekommen bin, bin ich schnell dem Sport verfallen und habe angefangen viel im Fernsehen zu schauen. Allen Iverson war wahrscheinlich der erste Spieler bei dem ich dachte: ‚Wow, ich will sein wie er.‘ Seitdem bewundere ich viele Spieler mit denen ich groß geworden bin.

                Würdest Du sagen, dass Du einen Mentor hattest?

Ich hatte viele Mentoren. Sicherlich mein Bruder und meine High-School Trainer. Sie waren die ersten, die mir zeigten wie ich eine bessere Spielerin werden kann und was es braucht um Basketball auf einem hohen Niveau zu spielen.

                Hast Du als Kind auch einmal überlegt einem anderen Sport nachzugehen?

Nicht wirklich. Ich habe zwar noch einige andere Sportarten ausprobiert aber ich bin dem Basketball verfallen. Ich habe ihm meine ganze Zeit gewidmet und bin so besser geworden.

                Wenn Du die Chance hättest: Würdest Du lieber größer sein und Center spielen?

Wenn ich die Chance hätte würde ich lieber größer sein und Point Guard spielen. (lacht) Ich wäre allgemein gerne größer, da es beim Basketball nun einmal sehr auf die Körpergröße ankommt. Ich habe Möglichkeiten gefunden diesen Nachteil auszugleichen aber dennoch wünsche ich mir jeden Tag größer zu sein. (lacht)

                Bei den Lions spielen vier weitere Amerikanerinnen. Glaubst Du, dass Spieler gleicher Nationalitäten eher                   etwas in ihrer Freizeit unternehmen oder spielt die Herkunft keine Rolle?

Ich glaube es ist eine Mischung aus beidem. Manchmal unternehme ich etwas mit meinen deutschen Mitspielerinnen und manchmal mit meinen Amerikanischen. Ich denke die Amerikaner ziehen sich automatisch gegenseitig an, da wir alle wissen wie es sich anfühlt so weit weg von zuhause zu sein. Dazu hat man dank der Uni-Erfahrungen immer ein Thema worüber man gerne erzählt. Aber es ist wirklich ein Mix. Meine Teamkolleginnen sind einige der tollsten Personen, die ich jemals kennenlernen durfte. Was auch nicht selbstverständlich ist im professionellen Sport.

                Sie geben Dir also eine zweite Heimat?

Auf jeden Fall. Sie haben mir die Zeit wirklich einfacher gemacht, speziell wenn man Heimweh bekommt und man gerne etwas mit seinen Freunden von zuhause unternehmen will, man sie aber nur bei Facebook und Co. sieht. Gerade dann sind glücklicherweise deine Mannschaftskameradinnen da.

                Wie lief die bisherige Saison?

Naja, wir haben noch ein Spiel. Bisher war die Saison wie eine Achterbahnfahrt, es gab viele Auf und Abs, Höhen und Tiefen. Ich glaube insgesamt gesehen war sie ein wenig enttäuschend, da wir wirklich hohe Erwartungen vor der Saison hatten.

                Woher kamen die hohen Erwartungen? Eher von den Spielerinnen selbst oder vom Management und                           vergangenen Erfolgen der Lions?

Ich glaube jeder hatte hohe Erwartungen. Jeder hat das Talent und Potenzial der Spielerinnen gesehen. Nachdem wir die anderen Teams gesehen haben waren wir überzeugt, dass wir auf dem hohen Level mithalten können. Wir mussten aber schnell feststellen, dass wir unerfahrener als viele andere Mannschaften waren. Ich glaube das uns das einige Siege gekostet hat, mit denen wir eigentlich rechneten. Wir haben aber immer noch die Chance die Saison erfolgreich abzuschließen. Das ist auch unser Ziel für morgen, wir wollen das Spiel gewinnen. Vielleicht schaffen wir es dann noch in die Playoffs, man weiß nie was passiert.

                Viel Erfolg für das morgige Spiel!

Dankeschön.

                Wie sieht es mit persönlichen Zielen aus? Hast du Dir vor der Saison welche gesetzt?

Um ehrlich zu sein habe ich mir keine persönlichen Ziele gesetzt. Ich wollte meinen Platz finden und dem Team bestmöglich helfen, egal ob es um punkten, passen oder verteidigen geht. Ich wusste nicht genau was mich erwartet, deshalb wollte ich einfach nur mit ganzem Herzen das Beste aus mir herausholen.

                Wie eine richtige Teamplayerin.

(lacht) Ich versuche es zumindest. Die meisten Point Guards haben solch eine Einstellung.

                Lass uns über das Leben in Deutschland reden und wie Du die Kultur kennengelernt hast. Was ist dir                           leichtgefallen und woran konntest Du dich nur schwer gewöhnen?

Ich habe es hier von Anfang an geliebt. Es war etwas, was ich noch nie gesehen hatte, die europäische Kultur, die alten Gebäude, Kirchen, Türme, es war alles wunderschön. Das war definitiv ein Pluspunkt für meine erste Zeit hier. Ich habe meiner Mutter ständig vorgeschwärmt wie toll die Stadt ist. Hier zu leben war ziemlich einfach, ich habe eine tolle Wohnung und überraschenderweise auch ein Auto bekommen.

                Du fährst im deutschen Verkehr? Wow!

(lacht) Naja, verglichen mit dem Verkehr in Chicago ist es hier nicht so schlecht. Ich muss auch nicht so viel fahren, nur jeden Tag zum Training und zurück.

                Vermisst Du irgendetwas spezielles, z.B. Essen?

In meiner Heimat gibt es das Chipotle [Mexikanisches Restaurant], das vermisse ich wirklich so gut wie jeden Tag. Es ist nicht so, dass das Essen hier schlecht ist, meine Mannschaftskolleginnen haben mir einige wirklich schöne Orte und Restaurants gezeigt, aber ich vermisse das vertraute aus meiner Heimat. Daher kann ich es kaum abwarten zurückzugehen und etwas zu essen. (lacht)

                Im Vergleich zu früher gibt es in den Lebensmittelläden heutzutage sehr viele Produkte.

Auf jeden Fall, darüber war ich mir im Vorhinein auch nicht sicher. In den Lebensmittelgeschäften gibt es viele Marken, die wir auch in Amerika haben. Es gibt sogar kleine Amerika-Regale was sehr cool ist.

                Was wirst Du an Halle bzw. am Leben in Deutschland vermissen?

Ich werde einige tolle Restaurants vermissen die mir meine Mitspielerinnen gezeigt haben. Und natürlich werde ich die europäische Kultur vermissen. Hier zu leben war eine großartige Erfahrung.

                Hattest Du die Chance etwas zu reisen?

Ein wenig. Ich war in Leipzig und Berlin, was beides tolle Städte sind. Nach der Saison werde ich noch in Europa bleiben und herumreisen um viele neue Orte kennenzulernen.

                Wie haben Dir die Lions bei der Umstellung am Anfang geholfen?

So ziemlich bei allem woran ich denken kann. Sie gaben mir ein Handy, ein Auto, eine Wohnung und haben mir alles gezeigt. Doch es war nicht nur materiell, sie waren einfach nett und herzlich. Man kann sagen, dass es wirklich eine familiäre Atmosphäre ist. Für jemanden wie mich, der zum ersten Mal so weit von der Familie entfernt ist, ist es wirklich ein gutes Gefühl. Sie haben es mir einfach gemacht und ich hatte nichts über das ich mich beschweren müsste. Viele meiner früheren Mitspielerinnen waren verärgert über ihre Erfahrungen im Ausland. Das ist bei mir aber absolut nicht der Fall.

                Wie ist es mit der Sprache, hast Du etwas Deutsch gelernt?

Ich habe nicht wirklich etwas gelernt. Ein paar Wörter haben mir meine Mitspielerinnen beigebracht. Das ist auch großartig an Deutschland, viele Menschen sprechen hier wenigstens ein bisschen Englisch. Dadurch war ich nicht in vielen Situationen, wo mein Gegenüber kein Englisch konnte. Die Sprachbarriere war also keine wirklich große Sache für mich. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich kein Deutsch gelernt habe, ich brauchte es schlichtweg nicht zu sprechen.

                Würdest Du Deine Erfahrungen in Halle zu leben Freunden weiterempfehlen?

Ja, Halle ist ein toller Ort. Ich war zwar nicht an allzu vielen Orten um es zu vergleichen aber ich habe meine Zeit hier definitiv genossen.

                Weißt Du was Halles amerikanische Partnerstadt ist?

Nein.

                Es ist Savannah in Georgia.

Okay, cool. (lacht)

                Wenn Du nur für zwei Wochen nach Halle gekommen wärst, wie hätten sich Deine Erfahrungen hier zu                         leben unterschieden?

Ich glaube es braucht Zeit um die Leute hier zu verstehen. Eine Sache die meine amerikanischen Teamkolleginnen und ich bemerkt haben ist… ich weiß nicht wie ich es sagen soll ohne gemein zu klingen…

                Oh, keine Sorge. Wir Deutsche sind sehr direkt… (lacht)

Die sozialen Kompetenzen einiger Personen, bzw. wie die Personen miteinander umgehen ist anders als in Amerika, sofern wie wir es erfahren haben. Menschen in Amerika sind ohne Grund freundlich, sie sprechen grundlos mit dir, lächeln und winken dir zu. Das haben wir hier nicht erlebt. Da ist eine Menge… (zögert)

                Die Personen können unhöflich rüberkommen.

Ja, klar. Und ich glaube nicht, dass sie das selbst merken. Es wird viel gestarrt und die Menschen hören nicht damit auf. Ich glaube nicht, dass sie verstehen, dass es anderen Menschen unangenehm ist. Wenn jemand von hier nach Amerika gehen würde, denke ich würde er verstehen was ich meine. Weißt Du was ich sagen will?

                Auf jeden Fall. Glaubst Du, dass Du durch die Zeit hier einen anderen Blick darauf hast, als wenn Du hier                       nur zu Besuch gewesen wärst?

Genau. Wenn ich nur für zwei Wochen hier gewesen wäre hätte ich gedacht, dass die Menschen unhöflich sind. Aber da ich nun länger hier war und viele Personen kennenlernen durfte, weiß ich, dass die Menschen es nicht böse meinen. Sie sind viel mehr sehr freundlich.

                Gibt es noch etwas Anderes was Du gerne über Deine Erfahrung sagen würdest oder wie Dich die                                 Erfahrung für Deine zukünftige Karriere beeinflusst hat?

Ich bin einfach nur richtig froh über das Erlebte. Die Messlatte für alles Zukünftige ist ziemlich hoch gelegt wurden. Alles in allem war es eine wirklich schöne Erfahrung. Basketball war super, meine Mitspielerinnen, die Stadt, die Fans sind wunderbar. Deshalb Danke an Euch, dass ihr meine ersten Erfahrungen außerhalb der USA so großartig gemacht habt. Ich kann mit einem Lächeln nach Hause fahren und in der nächsten Zeit möchte ich viele weitere solcher Erfahrungen machen. Es war großartig.

                Ich danke Dir! Danke, dass Du Dir die Zeit genommen und so offen gesprochen hast. Ich wünsche Dir nur                   das Beste für die Zukunft.

Dankeschön, es war schön Dich kennenzulernen!

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