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Ein Leben zwischen Puck und Pinsel

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Ein Saale Bulle präsentiert noch bis Mitte August sein künstlerisches Talent in Halle
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Josi Schenk im Interview mit Johannes Ehemann

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Die Ausstellung im Stadtcenter Rolltreppe ist bis Mitte August zu bestaunen
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„Ich mag alles im ultravioletten Spektrum."
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Johannes gestaltet unterschiedlichste Objekte

Eishockeyspieler mit außergewöhnlichen Talenten und Hobbys gibt es in fast allen deutschen Eishockeyligen: Konrad Abeltshauser, „DEL-Verteidiger des Jahres“ in der Saison 2016/17, verbringt seine Freizeit mit Stricken und Andrè Mücke, Mannschaftskapitän der Lausitzer Füchse in der DEL2, züchtet Mini-Kamele. Ein Spieler, der gleichzeitig ein talentierter Künstler ist und seine eigene Galerie besitzt, der ist im deutschen Eishockey allerdings einmalig...

Johannes Ehemann, Stürmer der Saale Bulls, stellt seine Kunstwerke im Stadtcenter Rolltreppe in Halle aus.

Der 21-jährige wurde in Schwabach, der kleinsten kreisfreien Stadt Bayerns, geboren. Schon immer zeichnete er gern und widmete sich auch dem Sprayen, doch auch sein sportliches Talent blieb nicht unentdeckt. Nachdem der Stürmer in der Saison 2009/10 für die U16 des EHC 80 Nürnberg gespielt hatte, verbrachte er vier Spielzeiten bei den Eisbären Juniors Berlin. In der Saison 2014/15 absolvierte er sogar einige Spiele für FASS Berlin in der dritten deutschen Eishockeyliga.

„In Berlin war die Kunst ein bisschen auf der Strecke geblieben“, erklärt Johannes, „aber als ich in Halle mit dem Profi-Eishockey begann, wollte ich mit der Zeit, die ich nun mehr hatte, etwas Sinnvolles anfangen. So widmete ich mich wieder öfter der Kunst.“

Seit 2015 ist Johannes Ehemann in Halle. In zwei Spielzeiten mit dem MEC Halle 04 konnte er elf Tore und 25 Assists verbuchen und auch in der kommenden Saison wird er für die Saale Bulls auf Punktejagd gehen.

Willkommen in meiner kleinen Gedankenwelt!“

Johannes sagt, er lebe gern in Halle: „Das ist eine Sportstadt, in der viele Clubs in höherklassigen Ligen erfolgreich sind, neben dem Eishockey auch in Sportarten wie Basketball oder Handball.“ Was die Kultur angeht, sei Halle interessant. „Neustadt ist für mich das Brooklyn von Halle!“, lächelt er. Besonders im Bereich der Kunst könnte die Stadt seiner Meinung nach aber noch aufbessern: „Viele kleine Galerien können sich nicht durchsetzen. Das ist schade.“ Er wolle deshalb wieder „back to the roots“ mit seiner Kunst: „Ich möchte die urbane Kunst und Kultur herüberbringen und Kunst zum Anfassen machen.“

Als Spieler eines Eishockeyteams mit großer Anhängerschaft hat er dabei nicht die schlechtesten Voraussetzungen. Das weiß auch Franziska Exß, die sich ehrenamtlich um die Öffentlichkeitsarbeit des MEC Halle kümmert: „Als die Ausstellung eröffnet hat, war es hier irre voll. Viele Fans sind gekommen, um sich seine Bilder anzuschauen. Die meisten von ihnen gehen sonst wohl eher nicht in eine Galerie, aber Johannes und der Sport sind hier sozusagen das Zugpferd für seine Kunst. Die Fans waren begeistert. Es war interessant zu beobachten, wie die Besucher von den Werken gefesselt wurden. Irgendwie hat jeder etwas aus den Bildern herauslesen können, was ihn persönlich berührt hat.“

Das ist auch eines der Anliegen, die Johannes Ehemann besonders wichtig sind: „Natürlich hat jedes Werk seine eigene Geschichte. Ich verarbeite Erlebnisse und Erfahrungen darin so, wie sie passiert sind. All diese Bilder hat das Leben gemalt! Aber eigentlich soll sich jeder seine eigenen Gedanken dazu machen.“

Um die Kunst vom Stürmer der Saale Bulls zu entschlüsseln, lohnt es sich, genauer auf die Leinwände zu schauen. Motive wie Menschen und Blumen stehen häufig im Mittelpunkt, doch auch Jeansshorts und eine Hasenmaske haben es in 3D darauf geschafft. Zu dieser Mischung aus Expressionismus und Pop-Art gesellen sich Schriftelemente, die dem bildlich Dargestellten noch einmal ganz andere Ebenen eröffnen. Sie sind, wie auch die Titel der Bilder, überwiegend in Englisch verfasst. Einzelne Wörter oder Sätze bis hin zu kleinen Gedichten vollenden die Werke. Auf einem Bild sieht man eine Person, die auf einem Stuhl sitzt. Daneben steht in Druckbuchstaben „Mind the gap!“ So wird aus einem Satz, den man sonst in Londoner U-Bahnen hört, ein Wortspiel und aus dem Gemälde eine Kritik an der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich.

Weitere Probleme der modernen Gesellschaft haben ihren Weg in die Galerie gefunden, doch auch andere Bereiche des Lebens, wie Familie, Liebe oder das Leben in der Stadt, wurden aufgegriffen. Sogar Eishockey war schon Thema in manchen seiner Bilder. „Willkommen in meiner kleinen Gedankenwelt!“, sagt Johannes Ehemann über seine Galerie. Klein mag vielleicht der Raum sein, in dem seine Kunstwerke ausgestellt werden. Die Vielfalt der Ideen, die einen Platz auf der Leinwand gefunden haben, ist dagegen sehr groß. Kreativ zeigt sich Johannes auch bei der Wahl der zu gestaltenden Objekte – Schuhe, Sektflaschen und ein Helm der Star Wars-Figur Darth Vader haben einen Anstrich bekommen.

Ich kann mich meinen beiden größten Hobbys zuwenden und verdiene damit auch noch Geld. Eigentlich ist das schon ziemlich cool.“

Am liebsten benutzt Johannes die Farben Grau und Lila: „Ich mag alles im ultravioletten Spektrum. Aber eigentlich verwende ich immer die Farben und Stile, die gerade zum Bild und meinen Gedanken und Gefühlen passen.“ Gleiches gilt übrigens auch für die Musik, die er immer zum Malen hört: „Von Indie-Pop bis Techno ist alles dabei. Auch Britischer Rap ist jetzt sehr aktuell, aber es muss einfach zur Stimmung passen.“

Natürlich interessiert sich Johannes neben Musik, Kunst und Eishockey auch für andere Sportarten. Im Sommer spielt er oft Basketball. Eine Zeit lang war er auch gern auf dem Skateboard unterwegs.

„Eigentlich ist Eishockey neben der Kunst auch so etwas wie mein Hobby“, stellt der Stürmer der Saale Bulls fest. „Ich nehme das Eishockeyspielen natürlich trotzdem sehr ernst. Aber weil ich noch die Kunst habe, kann ich viel freier spielen und freue mich auch mehr auf den Sport.“ Und dann sagt er: „Ich kann mich meinen beiden größten Hobbys zuwenden und verdiene damit auch noch Geld. Eigentlich ist das schon ziemlich cool.“

Johannes Ehemann habe die Erfahrung gemacht, dass Sport und Kunst sich aufheben: „Auf dem Eis, da ist immer Action. Mit der Kunst kann ich das gut kompensieren.“ Während der Saison sei der Eishockeyspieler sogar immer am kreativsten. Im Sommer kümmert er sich nun vermehrt um die Vermarktung, denn um irgendwann vielleicht auch einmal von der Kunst leben zu können, muss er jetzt schon die Grundlagen schaffen. Dass ein junger Künstler dabei von seinem Eishockeyclub unterstützt wird, ist wohl in Deutschland ein einzigartiges Modell. Es gibt keinen anderen Eishockeyverein, der eine Galerie betreibt. Daniel Mischner, der Präsident der Saale Bulls, hat auch drei Bilder von Johannes Ehemann bei sich zu Hause. „Er ist ein Fan meiner Kunst“, berichtet Johannes, „und er meinte, aus dieser Einzigartigkeit der Umstände müssen wir einfach etwas machen.“ Franziska Exß fügt hinzu: „Der Club will ihn aber auch unterstützen und fördern, weil er einfach ein sehr begabter Künstler ist. Wenn die Kunst nicht gefallen würde, dann würde man das vermutlich alles nicht machen.“

Vielleicht wird auch Johannes Ehemann eines Tages so berühmt wie seine Vorbilder: Graffiti- und Street Art-Künstler wie Alec Monopoly, Banksy und Harif Guzman. An Kreativität und Fleiß scheint es ihm nicht zu mangeln. Nach dem Training arbeite er manchmal die ganze Nacht an seiner Kunst, berichtet Franziska Exß: „Dann müssen wir sogar aufpassen, dass er sich nicht übernimmt.“ Wenn am 1. September die Eishockeysaison wieder startet, dann hat der Sport Priorität und Johannes will sich als guter Eishockeyspieler einen Namen machen. Sein sportliches Vorbild Kai Schmitz wird dann mit ihm gemeinsam für den MEC 04 auf dem Eis stehen.

Bleibt zum Schluss nur noch zu klären, was Johannes Ehemann nun besser kann – Eishockey spielen oder malen? Die Antwort weiß Eric Wunderlich, der wie alle anderen Teamkollegen hinter dem jungen Künstler steht: „Er kann halt beides. Eishockey spielen und malen.“

Die Ausstellung von Johannes Ehemann könnt ihr noch bis Mitte August im Stadtcenter Rolltreppe gegenüber der Gourmetage besuchen. Es lohnt sich!

Josi Schenk

SSB Halle

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