SPD - Dr. Karamba Diaby

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Interview mit Dr. Karamba Diaby zur Bundestagswahl 2017 für den Stadtsportbund Halle (Saale) e. V.

„Sport ist wesentlich für die Gesellschaft“
Das Interview findet im Vereinsheim von Turbine Halle oberhalb der Saale statt. In dem Büro der Vereinsführung stehen etliche Pokale und die Wände sind mit Wimpeln von Vereinen aus dem ganzen Bundesgebiet geschmückt. Dr. KarambaDiaby erreicht das Vereinsgelände an diesem heißen Sommertag mit seinem Fahrrad und grüßt mit den Worten „Was für ein schwüles Wetter!“, ehe er sich etwas frische Luft zufächert und das Gespräch beginnt.

Herr Diaby, wie liest sich Ihre sportliche Vita? 
Ich muss gestehen, dass meine sportliche Vita nicht so umfangreich ausfällt. Als Jugendlicher habe ich sehr viel Fußball gespielt. In meinem Heimatort Marsassoum im Senegal war ich sogar als Trainer tätig. Von Deutschland aus habe ich die Mannschaft materiell mit Trikots unterstützt. Der Kontakt ist nie abgerissen.

Lässt es Ihre Zeit zu, Sport zu treiben?
Ich fahre viel mit dem Fahrrad und gehe auch gern und oft spazieren. Ich lege viele Wege zu Fuß zurück. Ich fühle mich fit, auch wenn ich zum Spitzensportler nicht tauge. (lacht)

Es ist kein Zufall, dass wir uns im Vereinsheim von Turbine Halle treffen?
Nein, ich habe das Projekt des Vereins für einen Kunstrasenplatz unterstützt und bin begeistert vom Zusammenhalt in Vereinen – nicht nur bei Turbine, sondern im Allgemeinen.

Wie wichtig ist Sport?
Sport ist wesentlich für die Gesellschaft. Das ehrenamtliche Engagement schweißt Menschen zusammen und beim gemeinsamen Sporttreiben werden Gemeinsamkeiten herausgestellt. Nur wenn Menschen miteinander reden, können beiderseitige Vorurteile abgebaut werden. Vor diesem Hintergrund kann die Bedeutung von Sport und Sportvereinen nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Das deutsche Vereinswesen lebt vom Ehrenamt, klagt aber über hohe bürokratische Hürden. Wie könnten diese abgebaut werden?
Die Politik muss günstigere Rahmenbedingungen schaffen, dass sich beispielsweise Fördergelder einfacher beantragen und Veranstaltungen leichter anmelden lassen. Wichtig ist auch, die Vereine in Netzwerke zu integrieren, um ihnen den Zugang zur lokalen Verwaltung und Politik zu ermöglichen.

Die geplante EU-Mehrwertsteuerrichtlinie würde die nationalen steuerrechtlichen Vergünstigungen aufheben, sodass fortan Mehrwertsteuer auf Mitgliedsbeiträge gezahlt werden müssten. Wie stehen Sie diesen Plänen gegenüber?
Ich sehe das sehr kritisch. Die Arbeit von Vereinen ist von herausragender gesellschaftlicher Bedeutung. Sollte diese Richtlinie in Kraft treten, ist es Aufgabe der Politik, dafür Sorge zu tragen, die Vereine an anderer Stelle zu entlasten. Beispielsweise könnten Gebühren bei der Beantragung von Veranstaltungen erlassen werden.

Die Basis für den Spitzensport bildet eine gezielte Förderung des Nachwuchses. Die Schließung des halleschen Bundesstützpunktes Rhythmische Sportgymnastik ist bereits beschlossene Sache, mit Rudern und Turnen stehen zwei weitere zur Disposition. Wie wichtig sind die Bundesstützpunkte für Halle?
Die Bundesstützpunkte sind aus meiner Sicht äußerst wichtig für die Stadt Halle. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Nachwuchssportler in Halle auch weiterhin die bestmögliche Infrastruktur vorfinden und dass das notwendige Personal vorhanden ist. Es wäre sehr tragisch, wenn man diese Strukturen zerschlagen würde. Unsere Region ist stark von Abwanderung betroffen und diese Entwicklung dürfen wir nicht noch verstärken, indem Trainer und in der Folge auch die Nachwuchssportler die Stadt verlassen, weil sie ihren Sport hier nicht mehr ausüben können. Daher dürfen wir keine weiteren Bundesstützpunkte verlieren. 

Im Regierungsprogramm der SPD findet sich der Komplex „Duale Karriere“. Wie lassen sich sportliche und berufliche Karriere in Einklang bringen? 
Zumeist müssen die Weichen für die Zeit nach der sportlichen Laufbahn bereits früh gestellt werden, da die allermeisten Sportler keine hochdotierten Verträge, wie wir sie aus dem Fußball kennen, abschließen. Ich denke da an die Sportstiftung, um junge Sportler zu fördern. Eine längerfristige Begleitung von Sportlern ist wichtig, damit die berufliche Karriere nicht aus dem Blick gerät. Überlegenswert finde ich es auch, Patenschaften zu etablieren. Man könnte Unternehmen den Anreiz geben, Patenschaften für junge Sportlerinnen und Sportler zu übernehmen. Ich meine damit nicht nur Unterstützung finanzieller Art, sondern auch Hilfe in Form von Beratung. Diese Form halte ich für effektiv, um Orientierung zu geben. Ich würde gern als Vermittler fungieren, um Sportler und Unternehmen zusammenzubringen.

In Ihrem Regierungsprogramm findet sich die Forderung nach einem „sauberen“ Sport. Wie muss Ihrer Ansicht nach eine nachhaltige Bekämpfung des Dopings ausgestaltet sein?  
Sport muss sauber und fair sein. Wir müssen transparente Strukturen schaffen. Beim Werben für einen dopingfreien Sport muss schon bei Kindern und Jugendlichen ansetzen, um sie mit gewissen Werten vertraut zu machen. Sie müssen von Beginn an lernen, dass Sport nicht nur heißt, zu gewinnen, sondern auch, dass gleichsam Fairplay ein integraler Bestandteil ist. Die Sensibilisierung für diese Werte im Sport und darüber hinaus gehört meiner Ansicht nach zur Bildung. Der faire Umgang miteinander in sämtlichen Lebenssituationen muss unser Ziel sein.

Der Zustand vieler hallescher Sportanlagen ist beklagenswert. Zudem sind viele Turnschulhallen als Sportstätten weggefallen. Wie würde Ihr Engagement im Bundestag aussehen, um den halleschen Sportlerinnen und Sportlern die notwendige Infrastruktur bereitzustellen? 
Die Infrastruktur ist das A und O. Die SPD steht für die Förderung von Sportanlagen und wir wollen dafür Geld in die Hand nehmen. Man darf nie vergessen, dass das Umfeld mit einer intakten Infrastruktur wesentlich dazu beiträgt, die Leute zum Sporttreiben zu motivieren.

Viele Anwohner im Umfeld von Sportanlagen beschweren sich über Kinderlärm. Sollte dieser privilegiert werden, damit Kinder Sport treiben können?
Kinderlärm darf nicht als Belästigung betrachtet werden, denn dort, wo Kinder sind, ist Leben. Kinder schaffen eine freundliche Atmosphäre bei und sie müssen sich auch betätigen und ihren Interessen nachgehen. 

Es gibt einige hallesche Erstligisten und traditionsreiche Sportveranstaltungen wie die Werfertage? Wie wichtig sind diese Ereignisse für Halle?
Diese Veranstaltungen sind wichtig für unsere Stadt, da sie Menschen anziehen und zur Imageverbesserung beitragen.

Sport ist in vielen Bereichen sehr wichtig und auch gesundheitsfördernd. Halle ist gemessen am Alter der Bevölkerung die älteste Großstadt Deutschlands. Warum ist Rehabilitationssport wichtig und sollte Unterstützung erfahren?
Sport ist nachweislich sowohl für die Gesundheit als auch für das Wohlbefinden sehr wichtig und deshalb sollte Sport beziehungsweise Rehabilitationssport gefördert werden. Auch in Bezug auf die gesundheitliche Vorsorge ist Sport wichtig. Da die Bevölkerung immer älter wird ist die Fokussierung des Seniorensports von großer Bedeutung – nicht nur heutzutage, sondern auch in Zukunft.

Wie stehen Sie Bestrebungen gegenüber, ein nationales Gesundheitsziel „Bewegungsmangel reduzieren“?
Wir müssen dem Bewegungsmangel entgegenwirken. Hier kommen mir nicht nur die Sportvereine in den Sinn, sondern auch die Unternehmen können sich diesbezüglich engagieren, denn auch sie profitieren von fitten und gesunden Mitarbeitern. Eine gesunde Belegschaft ist eine innovative Belegschaft.

In Ihrem Regierungsprogramm findet sich, dass Sport einen Weg darstellt Kinderarmut zu bekämpfen. Können Sie das erläutern?
In Halle leben bis zu einem Drittel der Kinder von Hartz IV. Ich bin der Ansicht, dass je mehr Sport diese Kinder treiben, desto eher kommen sie mit Kindern anderer sozialer Schichten in Kontakt. Je schlechter die Familien finanziell und materiell aufgestellt sind, desto weniger werden Sportangebote wahrgenommen. Wir wollen deshalb das Programm „Soziale Stadt“ stärker finanziell fördern, um dieser Problematik zielgerichtet entgegenwirken zu können. Kinder lassen sich so fördern, sie werden besser in der Schule und können der Armut so leichter entfliehen.

Welche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um Kinder bereits früh an ein lebenslanges Sporttreiben heranzuführen?
Zum lebenslangen Lernen gehört nicht nur das Wissen aus Büchern, sondern auch all die Aspekte, die uns das Sporttreiben lehrt. Sport gehört zum lebenslangen Lernen, sodass Kinder bereits im Kindergarten an diesen herangeführt werden müssen, damit sie früh die Vorzüge von Sport und Bewegung kennenlernen.

Wenn von Mitteln und Wegen gesprochen wird, die Integration von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu bewerkstelligen, fällt stets das Wort „Sport“. Warum kommt Sport Ihrer Meinung nach diese wichtige Rolle zu?
Beim Sport ist es nicht wichtig, wie man aussieht, welcher Religion man angehört oder in welchem Stadtteil man lebt. Sport steht als Bindeglied zwischen den Menschen verschiedenster kultureller Prägung. Das Tolle am Sport ist, dass die Menschen so voneinander lernen können.

Sollte das Programm „Integration durch Sport“ stärker gefördert werden?
Man sollte das Programm unbedingt stärker fördern, weil geflüchtete Menschen bei ihrer Ankunft in Deutschland keine Orientierung haben. Die Sprache ist ein wichtiger Baustein und der beste Ort, eine Sprache zu lernen, sind Gemeinschaften wie beispielsweise Sportvereine. Es ist sehr wertvoll, wenn Menschen ausländischer Herkunft mit Deutschen zusammentreffen. Ich selbst habe in meiner ersten Zeit in Deutschland stets den Kontakt zu deutschen Sport- und Kultureinrichtungen gesucht. Durch diesen Kontakt lässt sich eine Gesellschaft schneller und besser verstehen.

Welche positiven Effekte sehen Sie für die (hallesche) Zivilgesellschaft?
Von herausragender Bedeutung ist die Förderung des Verständnisses. Sport fördert Vielfalt. Durch die Geflüchteten kommen auch neue Sportarten nach Deutschland. Man darf nicht immer nur das Negative sehen, gleichwohl bedeutet Vielfalt aufgrund der unterschiedlichen Prägungen und Erfahrungen auch nicht immer nur „Friede, Freude, Eierkuchen“. Dieser Herausforderung muss sich die Gesellschaft stellen und Sport kann beim Verhindern oder Lösen von Konflikten ein Schlüssel sein. 

Wie lässt sich sportliche Vielfalt fördern?
Wir müssen allen Sportarten eine Bedeutung beimessen und einen Rahmen schaffen, auch abseits des alles dominierenden Fußballs. Weit über 20 Millionen Menschen sind in Vereinen eingebunden und das spiegelt auch die sportliche Vielfalt in unserem Land wider. 

Welche Bedeutung kommt dem Sport Ihrer Meinung nach in zehn Jahren zu? 
Die Frage wird sein, ob es uns gelingt, die Herausforderung des demografischen Wandels anzunehmen und die bestehenden Infrastrukturen aufrechtzuerhalten. Auch die Digitalisierung dürfen wir dabei nicht außer Acht lassen.

Stichwort „Digitalisierung“. In Ihrem Regierungsprogramm findet sich der Aspekt des e-Sports, also Spielen am Computer- bzw. mit Konsolen. Wie sehen Sie dieses Phänomen?
Mein Sohn spielt mit seinen Freunden sehr oft Computerspiele und sie haben viel Freude daran. Ich bin in diesem Bereich etwas konservativ, finde aber, dass wir umdenken sollten. Die Digitalisierung ist gesellschaftliche Realität, die wir nicht verteufeln, sondern deren Potenziale wir ausschöpfen sollten. 

Was können die halleschen Sportlerinnen und Sportler und Vereine vom Bundestagsabgeordneten KarambaDiaby in Bezug auf ihre Belange erwarten?
Sie können von mir erwarten, dass ich mit ihnen in Kontakt bleibe und dass ich mich in Bezug auf die Sportinfrastruktur auf Bundesebene weiterhin für unsere Stadt und ihre Bundesstützpunkte einsetzen werde. 

Das Interview führte Helge Missal.

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